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Vier Naturfreunde auf einem einsamen 7000er

Besteigung des Putha Hiunchuli (7246m) in Dolpo-Westnepal durch Alpinisten der Bergsteigergruppe der Naturfreunde Linz

Nachdem wir es nach langer Vorbereitungszeit (Planungsbeginn Juli 2013) schon kaum mehr erwarten konnten, brachen wir vier (Reinhard Streif, Roman Arige, Frank Fabian und Matthias Müller) am 24. April vom Flughafen München aus Richtung Nepal auf. Nach Erledigung der Formalitäten (Permit holen beim Tourismusministerium, Proviant vervollständigen, etc.) und drei Tagen Sightseeing in Kathmandu, ging es dann mit zwei Inlandsflügen weiter. Zunächst ins sagenhaft heiße und staubige Nepalgunj ganz im Süden an der indischen Grenze und von dort mit einer Mini-Propellermaschine weiter nach Juphal. Die Landung dort inmitten der Berge auf einer sehr kurzen Schotterpiste ist spektakulär und nichts für schwache Nerven.

 

Ein paar Kilometer eine holprige Schotterpiste entlang fuhren wir dann noch mit dem Jeep, bis ins letzte größere Dorf im Tal des Flusses Barbung Khola – nach Dunai (auf 2100m Seehöhe). Hier verluden wir unser Expeditionsgepäck auf ein paar Esel und los ging´s. Die erste Tagesetappe geht es durch eine ziemlich enge Schlucht in der es unglaublich heiß ist; die Hitze wird dann zwar am zweiten Tag besser, allerdings fängt es kurzzeitig stark zu regnen an und wir stellen fest: die „wasserdichten“ Expeditionstaschen sind nicht wasserdicht. Am nächsten Tag gehen dann auch noch die Esel durch irgendeinen Bach und das Zeug ist wieder zur Hälfte nass. Am vierten Tag können wir im Dörfchen Kakkot allerdings alles wieder trocknen, da wir hier einen ganzen Tag sind, der den sehr zähen Verhandlungen mit den lokalen Trägern gewidmet ist, die von hier an den Gepäcktransport übernehmen – die Esel kehren zurück nach Dunai. Es hat mittlerweile, hier auf 3200m Seehöhe, sehr angenehme Temperaturen – nur der Staub ist schon in jede Ritze gekrochen.

 

In drei Tagesetappen gehen wir dann bis ins Basislager auf 4900m, wobei der Pfad teilweise ganz schön ausgesetzt über einen schmalen Grat führt. Die Höhe merkt man jetzt schon immer mehr und sobald die Sonne untergegangen ist, wird es jetzt schon sehr schnell sehr kalt.

 

Im Basislager sind wir schließlich völlig allein, keine zweite Expedition hatte für die Frühjahrssaison ein Permit beantragt. Der Putha Hiunchuli (öfters auch Dhaulagiri VII genannt) wird generell eher selten bestiegen – er hält zwar keine großen technischen (Kletter-) Schwierigkeiten bereit, aber der 8-tägige Anmarsch zu Fuß ins Basislager schreckt dann wohl doch so einige ab.

 

Unserem Wunsch gemäß die Besteigung soweit wie möglich aus eigener Kraft durchzuführen, hatten wir bei einer Trekking Agentur in Kathmandu nur eine Art „Logistik-Paket“ gekauft: Organisation Besteigungspermit, Gepäcktransport ins Basislager, Koch im Basislager, etc. - wir hatten also weder Bergführer noch Hochträger dabei; auf die Mitnahme von Fixseilen und künstlichen Sauerstoff verzichteten wir ebenfalls. So sind wir jetzt die nächsten zwei Wochen allein zu sechst dort oben: wir vier, der Koch und der Begleiter von der Agentur. Der uns vom Tourismusministerium zugeteilte Verbindungsoffizier zog es vor, ganz zu unserer Freude, zuhause im bequemen Kathmandu zu bleiben.

 

Nach einem Rasttag brechen wir am 8.Mai zum ersten Mal auf und errichten auf ca. 5400m unser Hochlager 1. Das Schneeschaufeln und Zeltaufstellen ist unglaublich anstrengend – die Akklimatisierung ist definitiv noch unzureichend zu diesem Zeitpunkt. Wir steigen nach getaner Arbeit auch gleich wieder ins Basecamp ab. Am nächsten Tag steigen wir wieder auf (bereits mit dabei ist das Gepäck für das Hochlager 2) und verbringen unsere erste Nacht im Lager 1; der Schlaf fällt allerdings eher bescheiden aus und wir steigen frühmorgens am nächsten Tag wieder ins BC ab.

 

Am 11.Mai geht es zum dritten Mal rauf ins L1. Das Wetter ist nach wie vor bestens – wolkenloser Himmel, strahlender Sonnenschein. Am 12.Mai brechen wir auf um das Hochlager 2 zu errichten – Roman und ich sind dem restlichen Team einige Zeit voraus als wir am Platz für das L2 auf ca. 6200m ankommen, allerdings haben dummerweise die anderen unsere einzige Schneeschaufel und so können wir weder den Zeltplatz vorbereiten noch ein Zelt aufstellen. Gleichzeitig wird jetzt das Wetter schnell schlechter und stürmischer Wind kommt auf, sodass wir uns bis zur Ankunft von Frank und Reini in unsere Biwaksäcke hocken müssen. Das Schneeschaufeln und Zeltaufstellen im aufkommenden Sturm ist dann auch dementsprechend anstrengend und mühselig. Das Wetter wird dann Abends so richtig schlecht und wir verbringen eine schlaflose Nacht im sturmumtosten Zelt. Nachdem der Sturm um 0500 früh endlich nachlässt, brechen wir rasch auf und steigen ins BC ab.

 

Nach einem Rasttag im BC und einem Telefonat via Satellit mit der ZAMG in Innsbruck brechen wir am 15.Mai auf zum Gipfel. Wir gehen wieder jeweils Tagesetappen zum L1 und L2. Am 17. Mai bauen wir das L2 ab und nehmen alles mit weiter rauf zum Hochlager 3, welches wir nach sagenhafter Plackerei auf 6600m aufstellen (der bis dahin anstrengendste Tag der ganzen Reise – die volle (Zelt-) Ausrüstung in dieser Höhe zu tragen fordert uns schon so einiges ab und wir gehen die letzten 2h nur mehr im Schneckentempo).

 

Am 18.Mai schließlich gehen wir die letzte Etappe an. Wir marschieren allerdings erst um 0700 früh vom L3 weg und nicht wie geplant um 0400, da der Wind noch ziemlich stark bläst. Es wird nochmal sehr zäh und der Gipfel will und will nicht näherkommen. Um 1230 haben es Roman und ich geschafft, Frank und Reini folgen kurz darauf.  Der Tag ist strahlend schön, aber der Wind ist stark und eisig. Deswegen halten wir uns auch nicht all zulange am Gipfel auf, obwohl das Panorama grandios ist. Ein paar Fotos, ein kurzes Video und wieder ab die Post hinunter.

 

Der Rückmarsch ins L3 ist dann nochmal deutlich anstrengender als vermutet – gefühlt brechen wir jetzt bei jedem zweiten Schritt tief in den Schnee ein und die Erschöpfung im Zelt ist dann schon sehr deutlich zu spüren.

 

Ein weiterer Kraftakt steht uns allerdings Tags darauf noch bevor: das Abbauen beider Hochlager. Frank und ich versuchen die Variante beide abgebauten Lager gleichzeitig abzutransportieren, was den Vorteil hat, dass wir nicht nochmal am nächsten Tag ins L1 aufsteigen müssen um das restliche Zeug zu holen. Diese Variante hat allerdings den Nachteil, dass der Rucksack geradezu absurd schwer wird am letzten Teilstück ins BC, sobald auch das L1 darin verstaut ist. Wir plagen uns trotzdem und kommen fix und fertig im BC an – für das letzte Stück vom L1 ins Basislager haben wir doppelt so lange gebraucht als bei den bisherigen Abstiegen. Roman und Reini ersparen sich diese Schinderei, müssen aber nochmal rauf Tags darauf, ihren Teil der Ausrüstung runterholen, was ebenfalls so einiges an Überwindung und Willensstärke erforderlich machte.

 

Bei der Ankunft im Basislager werden wir von unserem Koch schon mit einer „Gipfel geschafft“ – Torte erwartet und wir trinken das für diesen Anlass mitgebrachte Bier – was kein so großer Genuss ist, da wir uns alle die Lippen in der Höhensonne ordentlich verbrannt haben und jeder Schluck brennend schmerzt.

 

Unseren Abmarsch vom Basislager ziehen wir dann sogar einen Tag vor, da die mittlerweile angekommenen Träger aus Kakkot bereits nachdrücklich zur Eile drängen, damit sie sich (wie alle anderen im Tal) der sehr kurzen Erntesaison des chinesischen Raupenpilzes widmen können. Der Pilz stellt in diesem Teil Nepals eine Haupteinnahmequelle dar, da sich die seltene Ware äußerst gewinnbringend nach China veräußern lässt, zur Verwendung in der dortigen traditionellen Medizin. Die ganzen Geschichten rund um diesen Pilz konnten wir anfangs gar nicht recht glauben, bis uns beim Marsch zurück aus dem Tal die Massen an Pilzsammlern aus ganz Nepal entgegenströmten und wir eines besseren belehrt wurden.

 

Zurück in Juphal müssen wir dann noch einen ganzen Tag und eine Nacht ausharren und zittern ob überhaupt ein Flieger kommt und uns mit raus nimmt – die Aussagen der Dorfbewohner schwanken abwechselnd zwischen: „ der Flieger kommt in einer Stunde“ und „die nächsten zwei Tage kommt sicher keiner“. Es kommt aber doch noch einer schlussendlich.

 

Am Ende verbringen wir noch ein paar entspannte Tage in Kathmandu – alles in allem eine sehr schöne Reise mit eindrücklichen Erlebnissen, die Anstrengungen haben sich auf jeden Fall gelohnt: für drei von uns Roman Arige [40J] , Frank Fabian [34J] und mich, Matthias Müller [32J]) war es die erste Expedition dieser Art und wir sind unserem erfahrenen Kollegen Reini Streif (der sich diese Strapaze mit 69 Jahren nochmal antat und für den es mindestens die zwanzigste Expedition war) sehr dankbar für seine zahlreichen Tipps und Tricks.

 

Text: Matthias Müller

 

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